- Herr Peters, Sie trainieren seit Jahren die ranghöchste Mannschaft im Kreis, den Oberligist TV Refrath. Wie kamen Sie zum Tischtennissport und wie zum Trainerjob?
Ich habe als Kind einige Sportarten wie Schwimmen, Judo und Fußball ausprobiert, bis ich letztlich beim Tischtennis gelandet bin. Als ich erfuhr, dass meine Großeltern früher hochklassig gespielt hatten, wollte ich Tischtennis im Verein auch mal ausprobieren, da muss ich acht oder neun gewesen sein, zunächst in meinem Heimatort Köln- Dellbrück. Beim TV Dellbrück lag zu der Zeit allerdings kein besonders großes Augenmerk auf dem Anfängerbereich und ich hörte nach kurzer Zeit wieder auf. Ich spielte dann erstmal nur im Keller. Nach einiger Zeit entschied ich mich zum Glück dazu, mal in das Training in Refrath rein zu schnuppern. Dort lernte ich meine Trainerin Sybille Krutt kennen. Mal abgesehen davon, dass die Halle rappelvoll war mit anderen Anfängern, war die Art von Sybille mit Kindern umzugehen wohl der entscheidende Punkt dafür, dass ich von da an Feuer und Flamme für Tischtennis war und später auch für die Arbeit als Trainer.
Während der 13. Klasse habe ich dann zunächst als Assistent im Training mitgeholfen und meine Trainertätigkeit danach immer weiter ausgebaut. Einige Zeit später übernahm ich dann den Posten des Jugendwartes und leitete das Training. Es entstand eine erste leistungsorientiertere Trainingsgruppe in Refrath. Als dann Jakob Eberhardt (heute Sportdirektor beim Hauptverein, Jugendwart und Spitzenspieler der ersten Mannschaft), der auch als Kind in Refrath angefangen hatte, zurück nach Refrath kam, intensivierte sich die Jugendarbeit weiter und Jakob unterstützte mich sehr stark auf meinem Weg. Jakob und ich machten zusammen die Trainerlizenzen und die ersten unserer Spieler und Spielerinnen schafften den Sprung in den Landesleistungsstützpunkt. Etwas später entschied ich mich dazu, hauptberuflich als Trainer zu arbeiten. Ich hospitierte beim Verbandstraining und bekam kurz darauf die Möglichkeit, als WTTV Honorartrainer im Stützpunkt zu arbeiten. Nachdem ich meine A-Lizenz gemacht hatte, übernahm ich die Leitung des Landesleistungsstützpunktes, arbeitete für den DTTB als Bundestrainerassistent im D/C Minikader und war in der Trainerausbildung als Referent tätig. Seit dieser Zeit, erfahre ich auch eine großartige Unterstützung durch meinen Sponsor Andro. Parallel habe ich aber immer auch Vereinstraining in Refrath gemacht. Seit Anfang 2019 bin ich fest beim TV Refrath als Trainer und Coach angestellt und arbeite nebenher noch als selbstständiger Trainer in verschiedenen Bereichen.
- Spielten andere Sportarten in ihrem Leben ebenfalls eine Rolle (auch Jugend) und was war die höchste Mannschaft, wo Sie selbst spielten?
Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit professionellem Poker. Ob dies als Sport zu bezeichnen ist, darüber kann man, ähnlich wie bei Schach, streiten. Auf jeden Fall ist es ein hoch komplexes Strategiespiel. Zumindest ist es Sport für den Kopf und ich habe darüber viel für meine Arbeit als Tischtennistrainer gelernt, denn es gibt viele Parallelen zwischen Poker und Tischtennis. Zurzeit arbeite ich an einem Buch zum Thema Mindset im Tischtennis, dass diese Parallelen aufgreift. Andere Sportarten haben nie eine große Rolle für mich gespielt.
Selber gespielt habe ich, bis auf ein Jahr in Porz, um dort Jungen-Verbandsliga (heute NRW Liga) spielen zu können, immer in Refrath. Meine höchste Spielklasse war Verbandsliga in der ersten Herren-Mannschaft in Refrath. Ich habe mich schon sehr früh auf die Arbeit als Trainer konzentriert und bin nicht bis in höhere Ligen vorgestoßen.
- Seit wann haben Sie Lizenzen gemacht und was ist die höchste?
Meine C-Lizenz und meine B-Lizenz habe ich 2009 gemacht, 2012 dann meine A-Lizenz.
- Arbeiten Sie auch auf Verbandsebene, bilden selbst Trainer aus?
Mittlerweile arbeite ich nur noch auf Vereinsebene. Zu den Trainern beim WTTV, von denen ich viel lernen konnte, habe ich weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis und die Zusammenarbeit mit dem Verband in Bezug auf unsere Nachwuchsleistungssportler ist sehr gut.
- Hat sich das Training gegenüber den letzten 20 Jahren verändert? Worin liegen die besonderen Herausforderungen als Trainer? Von welcher Nation können wir insbesondere lernen?
Das hoffe ich doch! Unsere Sportart entwickelt sich stetig weiter, ich versuche mich als Trainer ständig zu verbessern und die Rahmenbedingungen meiner Arbeit haben sich auch stark verändert. Da ich mir anmaße zu glauben, mir eine recht hohe fachliche Kompetenz als Trainer erarbeitet zu haben, besteht die Herausforderung zu immer größer werden Teilen darin, sich mit den immer schlechter werdenden äußeren Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu arrangieren. Besonders hervorheben möchte ich da unser Schulsystem, das die Kinder mittlerweile zeitlich so stark beansprucht, dass kaum noch Luft bleibt um eigenen Interessen nachzugehen. Unter anderem aufgrund von viel zu großen Klassen und dem Setzen teilweise falscher Schwerpunkte, halte ich unser Schulsystem für ziemlich uneffektiv. Dass die Kinder heute im Schnitt mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen als mit Bewegung, tut sein Übriges dazu.
- Was ist das Besondere am Tischtennis?
Das sind für mich im Wesentlichen drei Punkte:
Es gibt Erfolge und Misserfolge im Sekundentakt (die Zeit zwischen den Ballwechseln ist kurz).
Im Ballwechsel besteht ein enormer Zeitdruck, unter dem Wahrnehmung, taktische Entscheidung, Technik und vieles mehr funktionieren müssen.
Es herrscht, mit zunehmender Spielklasse, ein enormer Qualitätsdruck in Bezug auf die eigenen Schläge. Macht man es dem Gegner mit einem Schlag zu leicht, wird dieser den Ballwechsel bestimmen und sehr häufig auch gewinnen.
- Was muss ein junger TT-Spieler mitbringen, um an die Spitze zu kommen (vielleicht auch am Beispiel des 15-jährigen Japaners)?
Der Spieler selbst muss in erster Linie Spaß daran haben, täglich an sich zu arbeiten, sich anzustrengen und ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit mitbringen. Insbesondere letzteres ist wichtig, um ein gutes Mindset zu entwickeln, das die Basis für langfristigen Erfolg ist. Nur wer sich langfristig den Spaß am Tischtennis erhält, hat eine Chance ein hohes Niveau zu erreichen. An die Spitze zu kommen ist kein Sprint sondern ein Marathon, an der Spitze zu bleiben erst recht. Und dies gilt auch für Tomokazu Harimoto, der trotz seiner jungen Jahre schon unheimlich viele Stunden trainiert haben muss, um bereits mit 15 an der erweiterten Weltspitzen zu sein. Mal davon abgesehen, dass es in Deutschland gar nicht möglich wäre in so jungen Jahren schon derart viel zu trainieren, möchte ich auch die Frage stellen, ob dies überhaupt wünschenswert wäre. Sicherlich gibt es auch Vorteile, wenn man schon sehr früh derart gut ist, Nachteile aber gewiss ebenso. Und um an die Spitze zu kommen, ist es auch weder unbedingt nötig, noch ist es eine Garantie dafür es einmal zu schaffen. Und der Marathon von dem ich eben gesprochen habe, kommt jemandem, der schon so jung Profi ist, bestimmt irgendwann deutlich länger vor, als anderen, die ihr spielerisches Maximum erst 10 oder 15 Jahre später erreichen. Auch weil wir mittlerweile in Refrath so gute Strukturen haben, dass unsere Talente nicht zwingend darauf angewiesen sind, schon sehr früh sehr erfolgreich zu sein, um in die Förderung des Verbands zu kommen, bin ich in dem Punkt viel entspannter geworden. Bei der Auswahl der Talente, mit denen ich besonders intensiv arbeiten möchte, spielt es daher für mich nicht mehr die übergeordnete Rolle, wie gut sie in jungen Jahren schon spielen können. Ich achte da eher auf das langfristige Potenzial. Sicherlich ist die Förderung durch den Verband ein Vorteil, wir haben aber auch die Möglichkeit einen Spieler so aufzubauen, dass er ein sehr hohes Niveau erreicht, auch wenn er erst später den Sprung in den Verbandskader schafft.
- Welcher ihrer jungen Spieler ist der größte Hoffnungsträger? Ist das TT-Internat der alleinige Weg nach oben? Worin liegen die Vorteile?
Es macht für mich keinen Sinn hier eine/n Spieler/in besonders hervorzuheben. Wir haben erfreulicherweise gerade eine ganze Reihe von Talenten, denen ich einiges zutraue. Einige sind bereits auf Landes- oder sogar Bundesebene erfolgreich, andere sind davon noch recht weit entfernt, haben aber auch das Potenzial ein hohes Niveau zu erreichen. Entscheidend ist in erster Linie die Einstellung der Spieler und nicht ihre aktuelle Spielstärke. Mein Leitspruch lautet: „Am Ende kackt die Ente“. Sorry dafür 😉
Die Vorteile des Internats bestehen hauptsächlich darin, Schule und Leistungssport einfacher miteinander verbinden zu können. Außerdem ist das Internat eine wichtige Möglichkeit für Spieler, die in der Nähe zu ihrem Wohnort keine guten Trainingsstrukturen vorfinden oder die so gut geworden sind, dass es schwierig für sie wird ausreichend spielstarke Trainingspartner zu finden. Besonders große Fortschritte machen in der Regel die Spieler, um die sich ein guter Trainer besonders intensiv und individuell kümmert. Dies ist im Internat so nicht möglich. Und so sehe ich das Internat und Profi-Trainingsgruppen wie in Düsseldorf zwar grundsätzlich als nötig an, es ist aber sehr individuell zu welchem Zeitpunkt der Wechsel dort hin sinnvoll ist. Ich habe junge Talente gesehen, die zu früh ins Internat gegangen sind und dann keine gute Entwicklung genommen haben. Andere hätten ohne das Internat keine ausreichend professionellen Trainingsbedingungen gehabt um gut zu werden. Und spätestens auf dem Sprung zum Profi ist es unverzichtbar, in eine möglichst spielstarke Trainingsgruppe zu wechseln.
- Wie stehen Sie zu TT-Robotern? Wie sieht bei Ihnen eine Übungsstunde aus?
Roboter nutze ich vor allem im Anfängerbereich, wenn die Kinder noch nicht dazu in der Lage sind, richtige Ballwechsel miteinander zu spielen, und als Trainingshilfe beim Techniktraining allgemein. Sie können aber nur ergänzen und man kann nicht alle Aspekte ausreichend mit Robotern trainieren.
Die typische Übungsstunde gibt es nicht, Die Trainingsinhalte hier zu meiner Zufriedenheit zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen.
- Der TT-Sport verzeichnet sinkende Zahlen der organisierten Spieler. Woran liegt das und wie könnte dem entgegengewirkt werden?
Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen ist es für die Vereine immer schwieriger geworden, neue Kinder für den Tischtennissport zu gewinnen. Schule und Arbeit nehmen immer mehr Zeit in Anspruch, so dass es immer schwieriger wird Trainer zu finden. Kinder haben auch weniger Zeit für ihre Hobbys und haben gleichzeitig aber eine enorme Auswahl an möglichen Freizeitbeschäftigungen. Viele davon sind verführerischer als Sport zu treiben. Um in sein Handy zu gucken muss man den Hintern nicht hoch bekommen. Es ist aber immer noch möglich, Kinder in großer Zahl in die Halle zu bekommen. Doch was dafür von den Vereinen und Trainern geleistet werden muss, ist extrem gestiegen. Ausschließlich ehrenamtlich geführte Vereine können das nur schwer leisten. Eine Professionalisierung der Vereine und eine staatlich festgelegte Kooperation mit den Schulen sehe ich als alternativlos um dem negativem Trend entgegen zu wirken.
- Wie sehen Sie die Rolle der Funktionäre im deutschen TT-Sport?
Bei dem Thema bin ich kein Experte. Ich vermute auch auf Funktionärsebene wird es immer schwieriger genügend Ehrenämtler zu finden. Die Funktionäre sind aber sicherlich für unsere Sportart enorm wichtig. Die meisten erfahren für ihr Ehrenamtliches Engagement, insbesondere auf den unteren Ebenen, zu wenig Anerkennung. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Schiedsrichter. Auch wenn ich einigen Entwicklungen im Schiedsrichterwesen in den letzten Jahren sehr kritisch gegenüber stehe.
- Ihr größter Trainererfolg, ihre nächsten Ziele für Ihre Athleten?
Ich könnte jetzt aufzählen, welche meiner Spieler welche Erfolge erzielt haben oder was wir in Refrath in den letzten Jahren aufgebaut haben. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, darauf nicht stolz zu sein. Was mich aber immer am meisten freut, ist, wenn ich von Zeit zu Zeit bei den verschiedensten Tischtennisveranstaltungen jetzt junge Erwachsene treffe, die früher als Kinder oder Jugendliche bei mir trainiert haben und die sich freuen, mich zu sehen, und ich so weiß, dass sie gerne bei mir trainiert haben.
Zunächst sind wir einmal damit beschäftigt, die Kinder aus der Ferne dabei zu unterstützen fit zu bleiben, damit wir wieder mit voller Kraft starten können, sobald die Hallen wieder öffnen. Ich hoffe, wir können bald wieder so weitermachen wie vor der Zwangspause. Wir haben ein tolles Trainerteam, bei dem jeder von anderem lernen kann und möchte, und Spieler, die mit voller Leidenschaft bei der Sache sind.
Fragen: Michael Schardt