Jakob, warum habt ihr euch als Verein dazu entschlossen, das Top-24-Turnier des Deutschen Verbands auszurichten?
Vor allem geht es uns darum, dass wir als Verein in der Tischtennislandschaft in Deutschland wahrgenommen werden. In konkreten Fall des Top 24 kam uns aber vor allem zugute, dass wir in der Coronazeit sowohl 2020 als auch 2021 unser eigenes Turnier, den Kirchner & Krutt Cup, ausgerichtet haben.
Inwiefern kam euch das zugute?
Weil wir unter Coronabedingungen zweimal einen großen Wettkampf auf die Beine gestellt hatten, haben uns WTTV und DTTB gefragt, ob wir uns vorstellen können, dass Top 24 auszurichten. Wir hatten ja schon ein Konzept, das erprobt war und auf das wir zurückgreifen konnten, und hatten auch bewiesen, dass wir eine solche Veranstaltung auch unter den derzeit schwierigen Bedingungen gut über die Bühne bringen können.
Einige eurer Nachwuchsspieler zählen in ihren Jahrgängen zur erweiterten deutschen Spitze. Hat das auch eine Rolle gespielt, warum das Turnier für euch als Verein interessant war?
Wir freuen uns, dass mit Jamal Oudriss eines unserer Eigengewächse am Start ist. Jamal kommt aus unserer eigenen Jugendarbeit und spielt derzeit für unsere zweite Mannschaft in der Verbandsliga. Beim Top-48-Turnier vor einigen Tagen ist er guter 21. geworden. Unser zweiter Starter bei den U15, Alex Sahakiants, ist 23. geworden und als Ersatzmann auch dran nah an einer Teilnahme. Ich hoffe, dass es auch für Alex noch reicht! Dass wir als Ausrichter mit der Veranstaltung den Bezug zu unseren eigenen Spielern herstellen können, ist das natürlich super. Aber es ist auch wichtig für unsere anderen Jugendspieler, dass die besten Spieler Deutschlands in ihren Jahrgängen zu Gast im Verein sind. Dann bekommen sie mal die nationale Spitze in ihrem Alter mal live zu sehen – und sehen vielleicht auch, was es für sie noch zu tun gibt.
Wie viel Aufwand macht für den ausrichtenden Verein ein Turnier wie das Top 24?
Die Durchführung ist vor allem Vorbereitung. Die meiste Arbeit fällt vor dem eigentlichen Wettkampf an. Wir haben uns abgestimmt mit und DTTB und WTTV, der sich vorab auch die Gegebenheiten vor Ort angeschaut haben. Wie groß ist die Halle? Wie hell ist die Beleuchtung? Die eigentliche Durchführung des sportlichen Wettkampfs, also Schiedsgericht und Turnierleitung, übernehmen dann die Verbände. Wir setzen den Rahmen.
Was heißt das konkret?
Wir kümmern uns um die Verpflegung, den Aufbau, den Live-Stream in Zusammenarbeit mit SportdeutschlandTV. Wir organisieren Übernachtungsmöglichkeiten für die Verbände. Und wir hatten darüber hinaus natürlich den Anspruch, ein Veranstaltungsheft auf die Beine zu stellen und das Turnier auch auf unserer Homepage vernünftig zu begleiten. Zum einen um vielleicht doch ein bisschen was für die Vereinskasse zu tun. Zum anderen um auch von außen wahrgenommen zu werden. Am Veranstaltungswochenende werden dann um die 20 Leute von uns in der Halle sein. Die Hälfte hilft bei der Verpflegung in der Cafeteria. Aber es fallen ja auch einige zusätzliche Aufgaben wie die Kontrolle der 3G-Nachweise an.
Wie wichtig ist es für die Außenwirkung eines Vereins, Veranstaltungen auszurichten?
Vereine, die was auf die Beine stellen, zeigen damit, dass sie lebendig sind, dass bei ihnen was passiert, dass sie aktiv sind. Dass sich dort Menschen engagieren, die Tischtennis nach vorne bringen möchten. Ich glaube aber auch, dass es für einen Verein oder eine Abteilung selbst unabdingbar ist, Veranstaltungen auszurichten.
Wie meinst du das?
Man sollte versuchen, auch außerhalb des Meisterschaftsspielbetriebs am Ball zu bleiben. Wenn man Veranstaltungen gemeinsam auf die Beine stellt, wächst eine Abteilung zusammen. Die Leute machen außerhalb des Trainings und der Spiele was zusammen. Wenn man solche Dinge nicht macht, schläft der Verein irgendwann ein. Wir haben 2018 die Westdeutschen Meisterschaften U15 ausgerichtet. Damals hatten wir 50-jähriges Vereinsjubiläum. Zuletzt haben wir viermal in Folge die Kreismeisterschaften bei uns zu Gast, und auch schon mal den Bambini-Cup. Das Top 24 ist jetzt aber sicherlich die bedeutendste Veranstaltung, die wir bisher ausgerichtet haben.
Eines der bedeutendsten Jugendturniere Deutschlands passt gut zu einem Verein, in dem die Nachwuchsförderung seit vielen Jahren eine große Bedeutung hat.
Ja, schon. Beim TV Refrath gibt es traditionell einen starken Fokus auf der Jugendarbeit. Es gab immer viele Kinder, und einige hatten es auf die Verbandsebene oder sogar die nationale Ebene geschafft. Unter den damaligen Trainern Sybille Krutt und Lorenz Verdcheval hatten wir Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre mit David Pfabe und Irene Lauber die bis dahin größten Talente des Vereins, zudem haben wir 1996 den dritten Platz bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Jugend geholt. Auch im Erwachsenenbereich war der Zusammenhalt damals zwar gut, aber wir hatten immer weniger Mannschaften. Bei vielen Vereinen funktioniert der Erwachsenensport gut, da hakt es beim Nachwuchs. Bei uns war das bis vor sieben, acht Jahren andersherum.
Mittlerweile steht die Abteilung deutlich besser da. Das hat viel damit zu tun, dass du als Spieler zu deinem Jugendverein zurückgekehrt bist.
Ich habe selbst in Refrath angefangen. Es klingt ein bisschen blöd, aber ich bin damals auch zurückgekehrt, um mitzuhelfen, die Abteilung zu retten und einen Neustart hinzubekommen. Wir hatten aber auch viele tolle Menschen, die damals Lust hatten, mitzumachen – wie Gernot Lauber, Gereon Schiffer, Olli Schneck oder Jörg Balzer. Denn: Es ist zwar toll, wenn man Kinder in der Halle hat. Aber ein Verein, der fast nur noch aus einer Jugendabteilung besteht, funktioniert irgendwann eben auch nicht mehr. Wenn es keinen Erwachsenensport gibt, müssen Kinder und Jugendliche irgendwann den Verein verlassen.
Seit 2013 hat sich der Verein rasant entwickelt. Als du nach Refrath zurückgewechselt bist, gab es noch zwei Herren-Mannschaften, von denen die beste in der Bezirksliga gespielt hat.
Wie gesagt: Es ist nicht nur mein Verdienst, dass das in den vergangenen Jahren so gut funktioniert hat. So ein Wechsel hat zwar eine gewisse Sogwirkung. Dass es sportlich so schnell bergauf ging, war aber auch mit vielen Zufällen verbunden. Mein Bruder, der auch hier im Verein groß geworden ist und zwischenzeitlich Regionalliga gespielt hat, ist zwei Jahre nach mir zurückgekommen. Mit David Pfabe ist noch mal drei Jahre später ein Spieler in den Verein zurückgekehrt, der auch lange Jahre in der Regionalliga gespielt hatte und als Trainer unter anderem in der Schweiz gearbeitet hatte. Er hat sich dem Verein angeschlossen und sich gleich wieder engagiert. Ein schönes Beispiel ist unsere dritte Herrenmannschaft: Die hatten wir 2013 in der 3. Kreisklasse neu gegründet, mit Oldies und Jugendspielern aus der damaligen Jungen-Verbandsliga. Die Mannschaft hat parallel mitgeholfen, den Verein nach oben zu bringen. Zwei der Spieler von damals, Sven Hermann und Hannes Stäger, spielen heute immer noch und sind mittlerweile Mannschafsführer der dritten und vierten Mannschaft, sie engagieren sich mittlerweile im Verein und geben etwas zurück. In der Entwicklung der vergangenen Jahre kam eins zum anderen.
Wie sieht es mittlerweile aus?
Wir spielen mit der ersten Mannschaft in der Oberliga, mit der zweiten Mannschaft in der Verbandsliga, haben mittlerweile wieder fünf Mannschaften. Die Entwicklung ist total erfreulich! Im Jugendbereich haben wir in der Regel zwischen sechs und zehn Mannschaften. Das Level ist unterschiedlich: von der untersten U15-Liga bis zur NRW-Liga bei der U18. Wir haben, auch durch Kooperationen mit den ansässigen Schulen, viele Hallenzeiten, aber nur verteilt auf drei Tage in der Woche. Damit versorgen wir um die 50 bis 60 Kids. Wir haben einen gemeinsamen Weg im Verein: Der Fokus liegt auf der Nachwuchsarbeit und dass wir jungen Spielern den Weg in die Erwachsenenmannschaften aufzeigen. Wir wollen den Verein über Nachwuchsarbeit entwickeln und die Kinder natürlich auch fest in den Verein integrieren.
Viele Vereine klagen beim Nachwuchs über Probleme. Was ist euer Geheimnis, dass in Refrath zum Tischtennis kommen?
Das Geheimnis sind immer die Leute, die sich im Verein engagieren. Bei uns da vor allem spielt Julian Peters eine sehr große Rolle, der als A-Lizenz-Trainer nicht nur ein sehr guter Trainer ist, sondern auch an jedem Trainingstag vor Ort. Julian hat ein wahnsinnig großes Herz für den Verein, er betreut neben den Kindern und Jugendlichen auch die erste Mannschaft und hat den Aufstieg von der Bezirksliga bis in die Oberliga quasi an der Box begleitet. Das macht schon unglaublich viel aus. David Pfabe ist auch ein super Trainer, der große Erfahrung hat. Ich bin auch im Besitz der A-Lizenz. Das heißt, wir haben – alleine was den Ausbildungsgrad angeht – schon mal viele gute Trainer, die das auch sehr gerne machen. Und wir haben einen strukturellen Vorteil.
Du bist als Hauptamtlicher im Hauptverein angestellt.
Genau, das ist für – in Anführungsstrichen – meine Abteilung Fluch und Segen, aber ich habe Zugriff auf die Gesamtstrukturen im Verein und kann auch die Abteilung gut mitgestalten. Das ist in Summe natürlich ein Vorteil.
Was ist der TV Refrath für ein Verein?
Ein großer Breitensportverein mit vielen Wettkampfabteilungen. Vor Corona hatten wir knapp 2500 Mitglieder, jetzt sind wir etwas geschrumpft, gehören aber weiterhin zu den größten Sportvereinen der Region. Wir haben das Credo, dass wir Wettkampfsport in verschiedenen Sportarten fördern wollen, was es für Wettkampfabteilungen wie Tischtennis vergleichsweise einfach macht, zu wachsen. Heinz Kelzenberg, der erste Vorsitzende des Vereins, ist dem Wettkampfsport und der Entwicklung unserer Abteilung sehr wohlgesonnen Damit haben wir als Tischtennisabteilung eine sehr gute Infrastruktur. Es gibt auch Abteilungen im Verein, an denen wir uns was abschauen können. Die Badminton-Mannschaft war schon mal Deutscher Meister, die Handballer spielen in der Oberliga und die Leichtathleten zählen zur deutschen Spitze. Ansonsten haben wir alles, was einen Großverein heutzutage eben ausmacht: die gesamte Palette von Gesundheitssport über Eltern-Kind-Turnen bis hin zu Yoga-Kursen.
Wie weit kann es für die Tischtennisabteilung denn noch nach oben gehen?
Irgendwann – das weiß jeder, der sich mit dem Sport beschäftigt – gibt es finanzielle Grenzen auf dem Weg in höheren Spielklassen. Nichtsdestotrotz wollen wir versuchen, dass wir unsere besten eigenen Spieler nicht deshalb verlieren, weil unsere Mannschaften zu tief spielen. Wir machen nichts ohne Local Heroes, aber wenn wir die haben und die gut genug sind, dann wollen wir diesen Spielern gerne mit unserem Verein eine Bühne bieten. Da sind wir derzeit in der Oberliga gut aufgehoben. Wer weiß, was die Zukunft bringt.
Und wie sehen künftige Planungen als Ausrichter für Turniere aus? Machen nationale Veranstaltungen künftig regelmäßig in Refrath Station?
Zunächst bleibt unser eigenes Turnier, das wir im Sommer machen und was sehr gut angenommen wird, für uns ein fester Termin im Kalender. Daneben bemühen wir uns, noch jeweils eine Veranstaltung pro Jahr nach Refrath zu holen. Das kann eine Bezirksmeisterschaft oder eine Verbandsrangliste sein – aber warum nicht öfter auch mal eine Bundesveranstaltung oder sogar mal ein internationales Turnier?
Fotos: Jörg Fuhrmann/Oskar Groh/TV Refrath